Der Gestor als Mittler

 

Der Gestor als Mittler – Hilfreiche Gestorias Licht im Dunklen des Behördendschungels von Hartmut Ihnenfeldt

In Spanien gehen die Uhren anders, darauf wurde bereits mehrfach hingewiesen. Das muss man hinnehmen und sich darauf einstellen. Diese »Andersartigkeit« werden Sie erleben, wenn Sie z.B. auf eigene Faust versuchen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, Ihr Auto umzumelden oder ein Restaurant zu eröffnen.

Der Gestor als Mittler im Behördendschungel

Wenn Sie sich in Deutschland eine Geburtsurkunde besorgen wollen, so ist das eine relativ einfache Angelegenheit. Vielleicht müssen Sie beim Einwohnermeldeamt etwas warten, aber das hält sich in Grenzen. In Spanien sind damit gleich mehrere Verwaltungsakte verbunden. Auch Spanier wissen oft nicht, an welche Verwaltungsinstanz sie sich wofür richten müssen. Das liegt weniger an den Gesetzen, die zu kompliziert wären, als an den organisatorischen Abläufen, die hochkomplex, aber wenig effizient sind. Sich in diesem System zurechtzufinden ist eine tatsächliche »Wissenschaft« für sich (siehe den übernächsten Abschnitt), wobei es im Wesentlichen darauf ankommt, die verschlungenen Pfade zu kennen, die im Einzelfall verfolgt werden müssen. Unter diesen Umständen ist es nur logisch, dass sich ein Berufsstand entwickelt hat, der die Problemlösung bietet. Das ist der sogenannte Gestor (sprich: Chestor), was wörtlich übersetzt »Geschäftsführer« oder »Vermittler« heißt. Die von ihm geführte Firma ist eine Gestoria.

Ohne Gestorias würde Spaniens Bürokratie nicht mehr funktionieren.

Sie bringen ‚Licht ins Dunkel des Chaos' und sind eine nicht mehr wegzudenkende notwendige Nabelschnur zwischen Staat und Bürger. Rund 80 Gestorias sind allein in den Gelben Seiten des Telefonbuchs von Palma de Mallorca aufgeführt. Daran läßt sich ermessen, wie groß der Bedarf an Hilfestellung gegenüber Ämtern und Institutionen ist. Da die Berufsbezeichnung geschützt ist, gibt es noch eine ganze Reihe weiterer »Gestoren«, die ihre Leistung unter abweichenden Bezeichnungen, z.B. als asesoria oder servicio fiscal (Steuerberatung) anbieten. Wie Sie die richtige Gestoria finden, erfahren Sie in diesem Kapitel. Da dem Staat durchaus bewusst ist, dass der Bürger mit ihm nicht mehr ohne sachkundige Vermittlung zurechtkommt, hat er vor längerer Zeit eine Ausbildungsverordnung erlassen, welche die Anforderungen an einen Gestor und dessen Werdegang festlegt. Als erste Voraussetzung gehört dazu ein abgeschlossenes Studium der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften. Danach entscheiden die Akademiker über ihren weiteren Berufsweg. Wenn sie eine Tätigkeit als Gestor anstreben, müssen sie ein spezielles Aufbaustudium in Madrid absolvieren. […] Innerhalb einer Gastoria gib es viele Arbeitsbereiche. Eine Gestoria ist in der Praxis eine Art Arbeitsgemeinschaft bestehend aus Anwälten, Steuerberatern (den es als eigenen Beruf so nicht gibt) und Wirtschaftsberatern. Als Anwälte beschäftigen sich Gestoren ausschließlich mit zivilrechtlichen Fragen, speziell arbeitsrechtlichen Problemen. Das reicht von der Vertragsgestaltung mit Mitarbeitern über deren Anmeldung und Abrechnung bis zu arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen. Als Steuerberater ist ein Gestor mit allem befasst, was der Gesetzgeber und die Finanzbehörden an Erklärungen vom einzelnen Bürger und von Firmen verlangen; von der Anmeldung beim Finanzamt über die Buchführung, die Überwachung von Steuerterminen und Berechnung von Steuern bis zu Jahresabschlüssen und Veranlagungen. Als Wirtschaftsberater schließlich hat es ein Gestor in erster Linie mit der Beschaffung von Genehmigungen zu tun […] Bei der Vielfalt dieser Aufgaben ist offensichtlich, dass eine Person allein nicht alles wissen kann. Deshalb spezialisieren sich die Gestoren auf eines der Gebiete und bilden als Bufete (Sozietät) eine Spezialistengemeinschaft. Die Spezialisierung ist auch deshalb notwendig, weil im Bereich des Arbeits- und Steuerrechts in Spanien eine noch größere Bewegung herrscht als in Deutschland. Die Kenntnisnahme und Berücksichtigung der laufenden Änderungen geben den Gestoren reichlich zu tun. Für den Klienten hat die Bündelung der Arbeitsgebiete den großen Vorteil, dass er eine Komplettleistung erhält und nicht mehrere Stellen bemühen muss, »Service aus einer Hand« also. Wenn ein Gestor gut ist, so zeichnen ihn Kreativität und Findigkeit aus, d.h., er lässt sich für Sie etwas einfallen, um den schwerfälligen Staat zu überlisten, indem er alle Möglichkeiten ausschöpft ¬auf legale Weise natürlich. Auch den Gestorias wird bei Ämtern nichts geschenkt. Denken Sie nicht, deren Mitarbeiter könnten den Beamten alle Vorgänge ihrer Klienten durch die Hintertür hineinreichen oder würden bevorzugt behandelt werden. Nein, auch die Angestellten von Gestorias müssen sich brav in die Reihe stellen und warten, bis sie dran sind. Doch im Unterschied zu Außenstehenden, die nicht wissen, wie der Apparat funktioniert, kennen die Spezialisten die Arbeitsabläufe. Und sie nutzen einen weiteren Vorteil: Sie bündeln die Arbeit […] Eingangs wurde bereits darauf hingewiesen, dass es eine große Anzahl von Gestorias gibt. Nicht alle arbeiten gleich gut und effizient. Die für die eigenen Angelegenheit bestgeeignete, die »richtige« Gestoria herauszufinden, ist mitunter nicht ganz leicht. Gute Gestorias inserieren nämlich nicht in der Zeitung, sondern ihre Adressen werden durch Mundpropaganda weitergereicht. Die erste Empfehlung lautet daher: Hören Sie sich bei der Suche nach »Ihrer« Gestoria um, und fragen Sie ggf. bei Ihrer Bank nach einer guten Adresse, da man dort oft Einblick in die Arbeit dieser Büros hat. Grundsätzlich sollte ein »guter« Gestor einige Bedingungen erfüllen: Wenn Sie zu ihm ins Büro kommen und er Ihnen nicht gleich zu Beginn des Gesprächs seinen Zulassungsausweis zeigt, so besitzt er ihn nicht oder ist vergesslich. Dieser Ausweis, mit Lichtbild und Registriernummer, weist seine Firma als Gestoria Administrativa aus und beweist, dass er eine Spezialausbildung absolviert hat und für seine Tätigkeit haftet. Jeder Gestor ist verpflichtet, seinen Klienten diesen Ausweis beim ersten Gespräch vorzulegen. Des Weiteren sollte in Ihrer Gestoria zumindest einer der Fachleute gut Deutsch sprechen. Denn Sie werden im seltensten Falle Spanisch so gut beherrschen, dass Sie dem Gestor Ihre Angelegenheiten, speziell Probleme in allen Einzelheiten exakt in spanischer Sprache erklären können. […] Quelle: Reise-Know-How Verlag / www.reisebuch.de Den vollständigen Text zu diesem Thema lesen Sie bitte im Buch ‚Auf Mallorca leben und arbeiten’. Jetzt hier die aktuelle Auflage versandkostenfrei online bestellen! Auf Mallorca leben und arbeiten 1. Auflage 2006 ISBN: 3-89662-193-9 über 100 themenbezogene Farbfotos, 39 humorige Zeichnungen, 43 Themenkästen, Internetadressen und mehr.

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