Spanien will Protest kriminalisieren

 

Die konservative Regierung des Mariano Rajoy will das Strafrecht verschärfen, um die massenhaften Proteste gegen die Reformen in den Griff zu kriegen. Innenminister Jorge Fernández Díaz hat jetzt seine Pläne vorgestellt nachdem auch friedliche Proteste demnächst als Anschlag auf die Staatsgewalt gewertet werden können.

Pazifistische Demonstranten und Aktivisten auf Facebook und Twitter, die zu Blockaden oder Demonstrationen aufrufen, die später zu Auseinandersetzungen führen, drohen damit bis zu zehn Jahre Haft. Der Minister sieht in ihnen eine Form von Stadtguerilla und betrachtet sie als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung.

Die Opposition protestiert und der Katalonische Innenminister Felip Puig freut sich. Denn er ist schon lange der Meinung die Menschen sollten: „Mehr Angst vor dem System“ haben.

Angst vor dem System?

Das dürfte den meisten Spaniern noch sehr geläufig sein. Und dem Herr Puig auch. Ist er doch der gleiche Politiker, der vor einem Jahr Schlagzeilen machte, als er Zivilpolizisten in die Reihen der Protestler einschleuste, die gewalttätige Auseinandersetzungen anzettelten. Die Auseinandersetzungen dienten dann dazu mit Härte gegen friedliche Demonstranten vorzugehen.   

Immerhin war der Innenminister klug genug Videos auf You Tube, die das Vorgehen der Beamten belegten, löschen zu lassen. Das ändert aber nichts an seinem antidemokratischen und rechtwidrigen Vorgehen.

Denn mit Demokratie hat das Ganze gar nichts mehr zu tun.

Wer Reformen und harte Sparmaßnahmen durchführt, muss mit dem Zorn des Volkes umgehen können.

Wer ein Land regiert, in dem fast jeder zweite Jugendliche arbeitslos ist, muss mit Demonstrationen rechnen.

Es scheint als ob die Regierung einfach total hilflos ist. Ihr Reformprogramm greift nicht, der Druck aus Brüssel das Haushaltsdefizit zu reduzieren ist groß und das eigene Volk geht auf die Barrikaden.

Und das ganz bald.

Am 1. Mai wollen die Gewerkschaften gegen die Sparpolitik und die quasi Abschaffung des Arbeitsrechts mobilmachen

Am 12. Mai feiern die Indignados, die Empörten ihr Comeback auf Spaniens Straßen. Und die sind immer noch der Meinung: „ No nos representan“!( Sie repräsentieren uns nicht)

Kein Wunder, wer will sich schon von einem Felip Puig und seinen Jüngern vertreten lassen.

Und wieder scheint es in Spanien nicht nur an Devisen und Arbeit zu fehlen. Das Hauptproblem ist wohl immer noch die fehlende Bildung vieler Menschen. Wie sonst ist es zu erklären, dass ein Innenminister von Katalonien nicht weiß was Demokratie bedeutet?

Für die Indignados sollte das aber auf die Dauer kein Problem sein, sie formieren sich aktuell bereits wieder weltweit im Internet und Ausdauer haben sie sowieso schon bewiesen. Fast jeden Tag gibt es seit dem letzten Sommer Kundgebungen an der mittlerweile berühmten Puerta del Sol in Madrid.

Und lieber Herr Puig, wenn Sie Ihre Position durchziehen: Wo sollen die denn alle hin, die Andersdenkenden, die Demonstranten und Gewerkschaftler?

Es geht hier um hunderttausende Spanier, die sich nicht so leicht den Mund werden verbieten lassen. Und wenn protestieren kriminell ist und die Leute dann inhaftiert werden. Wo sollen die denn alle hin? Oder haben sie in ihrer weisen Voraussicht schon mal ein paar Gefängnisse gebaut?

Das wäre erstaunlich, denn für alles andere ist ja kein Geld mehr da.

Wie wäre es, wenn Sie sich mal um die Verantwortlichen der Krise kümmern würden, zum Beispiel um die Banker und ihre von Gier geleiteten Spekulationen?

Dann hätte auch das Volk nichts gegen eine gewisse Kriminalisierung und sie hätten mal was Sinnvolles gemacht.

Na wie wäre es?

P.S. Lieber Herr Puig, meinen Kommentar werde ich jetzt erst mal twittern, also für mich bitte auch einen Platz reservieren im Gefängnis für die Andersdenkenden.

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