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Empörte in Spanien gegen Banker und Steuern – Revolution im Internet

 

In einem Staat, der sie erklärtermaßen nicht vertritt, wir erinnern uns an die Spruchbänder der Indignados: ‚No nos representan‘, wollen die Indignados auch keine Steuern zahlen.  Kurzerhand gründeten die Anhänger von 15M und Democracia Real Ya ihre eigenen Bürgerplattformen u. a nach dem Vorbild der Tauschbörsen, die es ja bereits in Deutschland und in der Schweiz gibt. Hier kann man Dienstleistungen anbieten und die geleistete Arbeit auf  einem Zeitkonto gutschreiben lassen. Mit der angesparten Zeit kann man dann eine andere Dienstleistung bezahlen. Da nicht mit Geld bezahlt wird, geht der Erlös der Arbeit am Finanzamt vorbei. Andere Initiativen, die aus der Protestbewegung hervorgegangen sind, verteilen gratis Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können, oder schließen Handwerker in Kooperativen zusammen. Auch über eine eigene Währung wird nachgedacht.

In einem Staat, in der nur die Wohlhabenden einen Zugang zu Wohlstand, guten Schulen, vernünftiger Gesundheitsversorgung und allgemein sozialer Absicherung haben, ist  die Reaktion der Menschen in der Protestbewegung wohl zu verstehen. Warum sollen sie für eine Politik bezahlen, die sie nicht billigen, in einem Staat, der Banken rettet und Schulen schließt?

Damit man den Fiskus auch im Rahmen seiner jährlichen Steuererklärung effektiv umgehen kann, haben die Empörten in einigen Städten Büros für fiskalen Ungehorsam eingerichtet. In ihnen kann man sich fachliche Tipps für Steuerbetrug erklären lassen. Viele Spanier betrachten die Steuern als ungerechtfertigt, da sie einen Teil der von der Regierung gemachten Schulden als illegitim und anrüchig ansehen. 

Damit nicht genug, haben die Protestler beschlossen, die Verursacher der Finanz- und Wirtschaftskrise juristisch zu verfolgen.

Aktuelles Beispiel ist der ehemalige Chef der Großbank Bankia, Rodrigo Rato. Er soll nach dem Willen der Indignados mit seinen Betrügereien, seiner offensichtlichen Unfähigkeit und seiner unermesslichen Gier nach Geld nicht davonkommen. 2010 hatte der ehemalige Wirtschaftsminister den Vorstandsvorsitz des bereits angeschlagenen Geldinstitutes Bankia übernommen. 2012 ging die Bank Pleite, doch bis zuletzt bekam Rato ein fantastisches Gehalt und tätigte schädliche Fusionsgeschäfte. Außerdem wollte er bei seinem Ausscheiden auch noch eine hohe Bonuszahlung kassieren. Das machte ihn zum wahrscheinlich meistgehassten Banker in Spanien. Der Staat hatte ihn zwar wegen vorsätzlicher Geschäftsschädigung angeklagt, aber das Verfahren wurde, wie so oft, nicht vorangetrieben. Die Indignados nutzten kurzerhand ihre Präsenz im Internet, um per crowdfunding die 15.000 Euro zu sammeln, die benötigt wurden, um das Verfahren wieder aufzunehmen.

Und die Empörten haben viele Anhänger, die permanent im Netzt sind: Innerhalb von einem Tag hatten sie das Geld über den Hastag: #ratoencerrado (Red. Übersetzung: Rato eingesperrt/umzingelt) zusammengesammelt.

Aus der Protestbewegung auf den Straßen hat sich ein gut organisiertes Netzwerk im Internet entwickelt, dass schnell und intelligent reagiert.

Für den Staat und auch für das Finanzamt sind die Indignados im Netz besonders gefährlich weil sie sich nicht kontrollieren lassen. Das ist anders als auf der Straße, wo man eine Prügelei inszenieren kann, oder ein Regierungsviertel absperrt, oder Plätze im Morgengrauen räumen lässt. Die Empörten im Netz kann man kaum aufhalten, sofern man nicht wie in totalitären Staaten das Internet weitgehend verbietet (wie z.B. in Kuba) oder abschaltet (wie z. B. 2011 in Ägypten).

Es wird wohl Zeit für die Politiker sich anzuhören, was die jungen Leute zu sagen haben.  Gierigen Kapitalisten wie Rato sollten die Aktionen außerdem eine Lehre sein.

Denn vor so einer Initiative ist keiner mehr sicher. Das kann Spanien und der spanischen Wirtschaft nur guttun. Korruption und Geldwäsche, Betrug und Verschwendung von Steuergeldern hat es in der Vergangenheit ja reichlich gegeben.

Es kann nicht schaden, wenn Geldgier und egoistisches, rücksichtsloses Wirtschaften endlich auch Folgen für den Verursacher hat.

Echte Demokratie jetzt: Wenn schon nicht im Parlament, dann  eben im Internet.

Twitter, Facebook und Co sorgen für eine digitale Revolution.

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